Verlorene Jugend - Eine Lesereise ins Hamburg der Nazi-Zeit

Schüler-Interview zur Jugendroman-Reihe "Verlorene Jugend" mit der Autorin Fee-Christine Aks für den Deutsch- und Geschichtsunterricht, 7. Klasse eines Hamburger Gymnasiums.

Schüler (SCH): Frau Aks, Sie sind die Autorin der Jugendroman-Reihe "Verlorene Jugend", von der gerade der sechste Teil erschienen ist. Warum haben Sie dieses Buch geschrieben?

Fee-Christine Aks (FCA): Die Geschichte von Maike Sommer aus Buch 4 ("Am Himmel lächelte der Mond") war für mich noch nicht zu Ende, weshalb ich sie weitererzähle.

SCH: Wie nah steht Ihnen Ihre Protagonistin Maike Sommer?

FCA: Grundsätzlich mag ich alle meine Protagonisten. Maike steht mir deshalb genauso nah wie die anderen. Aber ja, ich habe sie wohl sehr sympathisch gezeichnet; das mag daran liegen, dass ich sie nun schon zum zweiten Mal begleite.

Ich mag Maike vor allem deshalb, weil sie aufgeweckt ist und trotz all der widrigen Umstände immer noch nicht den Glauben an das Gute im Menschen verloren hat. Sie ist jemand, der das Handeln der Menschen verstehen will, nicht aufhört Fragen zu stellen und sogar mit meinen bösen Gegenspielern so etwas wie Mitleid empfinden kann.

SCH: Warum sind Maike Sommer und ihr Bruder Axel diejenigen, die nach dem Krieg noch in Hamburg-Altona leben?

FCA: Ich möchte hier nicht spoilern, daher nur soviel: Maike Sommer ist diejenige von all meinen Protagonisten, die in ihrem bisherigen Leben nichts anderes kannte als unter der Herrschaft der Nationalsozialisten zu leben. In Buch 6 möchte ich ihr die Möglichkeit geben, die neue Zeit - ohne das Regime der Nazis - zu erleben und außerdem mit ihrer aufgeweckten Art genau die Fragen zu stellen, die auch heute noch so schwer zu beantworten sind.

SCH: In Ihrem neuen Buch zeichnen Sie ein etwas zwiespältiges Bild der Menschen, die ab 1945 in Hamburg leben. Warum beschreiben Sie die Zeit nach dem Kriegsende nicht optimistischer?

FCA: Die ersten Monate und Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren nicht einfach, für niemanden. Daher kommt wohl auch die wenig optimistische Stimmung, die von Sorge und Angst vor der neuen Zeit geprägt ist. Die Menschen mussten sich umgewöhnen und mit vielen, teils sehr schmerzlichen Wahrheiten umgehen lernen, während viele von ihnen um ihr tägliches Überleben bangen mussten. Das gilt für Maike und Axel Sommer, aber auch für all Jene, die sich mit ihrer eigenen Vergangenheit und den Ereignissen unter der Herrschaft der Nationalsozialisten auseinandersetzen müssen.

SCH: Ein Thema in Ihrem neuen Roman behandelt den Holocaust, diesmal aus der Sicht der Überlebenden. Warum muten Sie das Thema jungen Lesern zu?

FCA: Weil ein solches Verbrechen an der Menschheit niemals wieder passieren darf! Maike Sommer ist in etwa so jung wie die potenziellen Leser dieses Buches, die ich an das schreckliche Thema Holocaust heranführen möchte. Natürlich geht das - Achtung: Spoiler-Alarm! - nicht ohne deutliche Worte und unangenehme Fragen, die Maike stellt und auf die ihr Bruder nur schwer eine Antwort findet. (kurze Pause)

Frage an euch: Wie erklärt man einem jungen Menschen in eurem Alter, dass Freunde, Nachbarn und Millionen anderer Menschen niemals wieder zurückkommen werden, weil sie ermordet worden sind? Ich habe mich an dieser schwierigen Aufgabe versucht, indem ich Maike und Axel darüber sprechen lasse; wirklich zufriedenstellend ist das für mich nicht, weil ich das Schlimme lieber ungeschehen machen würde, was aber leider nicht geht - nicht einmal auf dem Papier

SCH: Moment, das heißt, Sie würden gern die Geschichte umschreiben?

FCA: Schön wäre es (seufzt). Aber nein, Geschichte ist passiert, daran lässt sich nichts ändern. Jetzt ist es an uns allen, daraus zu lernen. Vielleicht ist das einer der Antriebe für mich, weiter über die Zeit des Nationalsozialismus und Themen wie Hass und Gewalt zu schreiben und jungen Leuten eine Möglichkeit zu geben, sich mit der Geschichte auseinander zu setzen

SCH: Als Leser der bisherigen Romane der Serie wünscht man sich, dass vor allem der große böse Gegenspieler - Gunnar Berger - endlich zur Rechenschaft gezogen wird. Wieso lassen Sie sich damit Zeit?

FCA: Ich muss nochmal sagen: Spoiler-Alarm (grinst). Aber das ist richtig, für Gunnar Berger ist noch nicht Schluss, auch wenn es einige andere von meinen Gegenspielern auf die eine oder andere Art trifft. Dies ist übrigens der Wirklichkeit geschuldet - bei weitem nicht alle Nazis wurden nach 1945 zur Rechenschaft gezogen. Das Thema der ins Ausland geflohenen Nazis (z.B. der Fall Eichmann) ist dabei sehr bekannt und berüchtigt, aber auch die Tatsache, dass in den Nürnberger Prozessen nur wenige Parteigrößen auf der Anklagebank saßen und sich einst Mächtige für den Selbstmord entschieden haben statt einen Prozess für Massenmord und Verletzung der Menschenrechte auf sich zu nehmen. Und drittens sind die meisten Leute, ganz gleich mit welcher Vergangenheit und Verstrickung in das Nazi-Reich, mehr oder weniger unbehelligt davongekommen. All diese für die frühen Nachkriegsjahre typischen Konstellationen habe ich versucht, in diesem Buch 6 der Reihe zu berücksichtigen.

SCH: Der Vater von Maike und Axel Sommer war Sozialdemokrat. Hat dies etwas damit zu tun, dass seine beiden Kinder die Nazis überleben?

FCA: Interessante Frage. Das ist unabsichtlich so gekommen, würde ich sagen. Es soll hier nicht als politisches Statement verstanden werden. Wenn ich jetzt allerdings so darüber nachdenke, hatten wahrscheinlich die Sozialdemokraten als Einzige der von den Nazis verfolgten Gruppen eine reelle Chance auf Überleben - indem sie den Kopf einzogen, in den Untergrund gingen oder zu Mitläufern oder gar Überläufern wurden. Das Thema der Mitläufer und auch das Thema der Kollektivschuld der Deutschen habe ich in diesem Buch angeschnitten; es wird aber in einem noch fertigzustellenden weiteren Teil der Serie noch weiter zu behandeln sein (danke für die Anregung!).

SCH: Welche Geschichten für die Reihe "Verlorene Jugend" werden Sie noch schreiben?

FCA: Ich habe bereits begonnen, das siebte Buch der Reihe zu schreiben. Darin werde ich die Geschichte von Helene Weiß erzählen, die um 1939 (Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und Luftangriffe auf Hamburg ab Mai 1940) spielen wird.

Darüber hinaus liegt bereits die Rohfassung für zwei weitere Bücher der Reihe vor, von denen das eine aus der Sicht von Axel Sommer erzählen wird, während das andere um 1960 herum in der Kinder-Generation der bisherigen Protagonisten angesiedelt sein und sich mit der Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen in der jungen Bundesrepublik Deutschland beschäftigen wird.

Das Interview führten Carla D., Hanna F., Leon K., Cornelius M. und Emma T.

Hamburg, 2020-xx-xx

In der Jugendroman-Reihe "Verlorene Jugend" bisher erschienen:

- Als die Dunkelheit hereinbrach (Geschichte von Maria Goldberg, Thema: Beginn der Nazi-Herrschaft)

- Draußen war ein schöner Tag (Geschichte von Liza Giesemann, Thema: Holocaust)

- Während der Schnee leise fiel (Geschichte von Paul Kirchhoff, Thema: Widerstand und Flucht)

- Am Himmel lächelte der Mond (Geschichte von Maike Sommer, Thema: Widerstand und Leben im Versteck)

- Als der Wind kälter wehte (Geschichte von Fritz Mann, Thema: Hitlerjugend)

- Arbeitstitel: Maike 2 (weitergeführte Geschichte von Maike Sommer, Thema: Besatzung und Neuanfang vor dem Hintergrund von Kriegsende und Holocaust)

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